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Interview mit Barbara Rittner (Fed Cup, Nachwuchs)

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#1 ·
Interessant, was sie über den dt. Nachwuchs loslässt. Und sie sagt Anna-Lena nach, sie wäre kein
"begnadetes Talent".

vom 10.3.2006

"Letzte Nacht hatte ich einen Albtraum: Ich sah die USA mit Davenport, den Williams-Sisters und Raymond anreisen..."

Selm-Cappenberg. Die Tennisredaktion traf sich mit Fed Cup-Chefin Barbara Rittner, um den Stand der Dinge im Vorfeld zur Erstrundenbegegnung in der World Group am 22. und 23. April in Ettenheim gegen die USA auszuloten. Die einstige Weltklassespielerin sprach mit Christoph Kellermann über die Perspektiven im deutschen Damen-Tennis, den Leistungsstand des talentiertesten Nachwuchses und selbstverständlich über die Fed Cup-Begegnung im kommenden Monat.

Tennisredaktion.de: Barbara, die Serie der Leistungs- und Förderlehrgänge setzt sich fort, in dieser Woche machst Du Halt im westfälischen Kamen. Du hast die Leistungsträgerinnen des deutschen Nachwuchses um Dich versammelt. Wie ist Dein Eindruck vom Leistungsstand der Spielerinnen und wie bist Du mit den Bedingungen hier beim Westfälischen Tennis-Verband zufrieden?
Barbara Rittner: Also mit dem Lehrgang als solches bin ich sehr zufrieden. Unser Ziel ist es, die talentiertesten Nachwuchs-Spielerinnen auf eine eventuelle Profikarriere vorzubereiten. Wir machen das ja nun schon seit einiger Zeit, eigentlich immer auch mit ein und denselben Leuten. Es handelt sich hierbei um circa zehn Nachwuchsspielerinnen, die allesamt das Potential für eine Profikarriere haben, nun hart und diszipliniert darauf hin arbeiten müssen. Eine Überfliegerin ist allerdings nicht darunter, wir sehen eine gewisse Ausgeglichenheit im Leistungsniveau. Kamen als Veranstaltungsort ist ein Glücksgriff. Die Bedingungen vor Ort im Landes-Leistungszentrum des Westfälischen Tennis-Verbandes sowie in der Sportschule Kaiserau, wo wir mit den Mädels übernachtet haben, sind nahezu ideal. Auch mit dem westfälischen Trainerteam hier vor Ort ist die Kooperation gut, mit Jens Wöhrmann ist ja auch jemand Cheftrainer im Westfälischen Tennis-Verband, der unseren Fed Cup-Damen vor und während unserer Einsätze als Sparringspartner fungiert. Das passt.

Der Fed-Cup steht vor der Tür, das Los hat dem DTB-Team ein Heimspiel beschert. Am 22. und 23. April spielt Ihr in Ettlingen gegen die USA. Traum oder Albtraum?
Barbara Rittner: Ich hatte letzte Nacht einen Albtraum. Ich habe geträumt, die USA wären mit der bestmöglichen Besetzung aufgelaufen: Davenport, Williams I und Williams II, Raymond, etc. Aber so werden die Amerikanerinnen wohl eher nicht antreten. Ich finde das Los grundsätzlich gut, das Interesse an dieser Partie wird groß sein, sowohl seitens der Medien, als auch seitens der Tennis-Fans, die einen echten Leckerbissen geboten bekommen.

Anna-Lena Grönefeld ist, so nehme ich an, sicher für das Einzel gesetzt. Wer läuft noch mit dem Adler auf dem Ärmel im Einzel auf? Randnotiz: Die User der Tennisredaktion haben mit satten 80 % bislang für ein Nachwuchstalent Tatjana Malek gevotet. Ist der Einsatz einer Nachwuchsspielerin in so einem Spiel denkbar oder vertraust Du auf die Routine einer Julia Schruff oder Sandra Kloesel?
Barbara Rittner: Das ist absolut undenkbar! Hier führt an Julia Schruff als zweite Einzelspielerin kein Weg vorbei! Für die deutschen Nachwuchstalente käme solch ein Einsatz eindeutig zu früh. Bestenfalls könnten die Mädels der zweiten Garde auf diesem Niveau einen Satz lang mithalten, das reicht noch nicht. Gleichwohl werden wir aber, wie wir es in der Vergangenheit oft getan haben, den Nachwuchs einladen, um Fed Cup-Luft zu schnuppern und eventuell als Sparringspartnerinnen zur Verfügung zu stehen. Alles andere käme zu früh.

Haben wir mit Anna-Lena Grönefeld eine potentielle Top-Ten-Spielerin? Was fehlt ihr noch, um dieses große Ziel zu erreichen?
Barbara Rittner: Ja, auf jeden Fall. Ich will es mal so formulieren: Anna-Lena ist sicherlich nicht das begnadete Talent, aber das was sie heute drauf hat und das, was sie sich in der nächsten Zeit noch aneignen wird, das ist das Produkt harter und ehrlicher Arbeit. Ich kenne kaum jemanden, der sein Ziel so hartnäckig und diszipliniert verfolgt, wie Anna-Lena Grönefeld. Manchmal sieht alles bei ihr noch ein wenig ungelenkig aus, aber sie arbeitet hart daran, ihr langfristiges Ziel zu erreichen. Und ich bin davon überzeugt, dass sie das schaffen kann.

Fakt ist, dass hinter Grönefeld eine große Lücke klafft. Irgendwann kommt eine Julia Schruff, dann wieder eine zeitlang gar nichts. Wann bekommt das deutsche Tennis auch in der Breite wieder einen internationalen Stellenwert?
Barbara Rittner: Wir müssen noch ein, zwei Jahre in Ruhe arbeiten. Wir sind dabei, uns eine gewisse Breite auf Weltklasse-Niveau zu erarbeiten. Das braucht seine Zeit. Unser Ziel ist es, bei den Grand Slam-Turnieren wieder fünf bis sieben Spieler und nicht wie heute zwei bis drei DTB-Damen direkt im Hauptfeld zu haben. Der Konkurrenzkampf, den wir im Moment unter den Nachwuchsspielerinnen haben, fordert von jeder einzelnen Spielerin, sich kontinuierlich zu steigern. Die Mädels treiben sich gegenseitig zu besseren Leistungen.

Vor zwei Jahren warst Du beim Verbandstag des Westfälischen Tennis-Verbandes in Kamen im Rahmen einer Podiumsdiskussion zu Gast. Seinerzeit beklagtest Du Dich, dass Du eigentlich gar nicht so genau wüsstest, wer Dich beim Deutschen Tennis Bund in welchen Bereichen eigentlich zur Seite steht. Hat der DTB unterdessen Licht ins Dunkle gebracht?
Barbara Rittner: Selbstverständlich. Am Anfang hatte ich es echt nicht leicht, so als einzige „Frau im Männerhaufen“. Aber heute hat sich das ganze gut eingespielt. Mit Sportdirektor Klaus Eberhard verstehe ich mich blind, ich spreche alles mit ihm ab – sei es eine Nominierung für irgendeinen Event oder die Vergabe einer Wildcard. Ich musste mich zunächst einmal selber positionieren.

Du moniertest seinerzeit, dass es keine großen Sponsoren mehr für das Leistungstennis gäbe, so wie es zu Zeiten Eurer Fed Cup-Triumphe von einst gewesen sei. Beispiel: Lufthansa. Gibt es unterdessen wieder solche Premiumpartner?
Barbara Rittner: Doch, auch da tut sich was auf. Das Unternehmen Canon beispielsweise hat mich schon in meiner Jugend gefördert und ist heute Partner des deutschen Tennis, Kontakte zu weiteren namhaften Unternehmern sind geknüpft. Potentielle Sponsoren und Förderer, deren Herz am Tennis hängt.

Welche Nachwuchsspielerin hat Dich in den letzten Monaten am positivsten überrascht? Wer ist tatsächlich auf dem Sprung?
Barbara Rittner: Immer schwierig, Namen zu nennen. Erstens kann man sich seiner Sache nie sicher sein und zweitens ist immer die Gefahr dabei, dass man jemanden vergisst. Aber ich will es trotzdem versuchen: Angelique Kerber ist so eine, die es schaffen kann, leider hat sie mit Verletzungssorgen zu kämpfen, Tatjana Malek könnte es schaffen, jedoch reicht es meiner Ansicht nach nicht aus, technisch und vom Auge her glänzend ausgestattet zu sein, auch die körperlichen Voraussetzungen müssen gegeben sein. Da fehlt es Tatjana einfach Disziplin und physischen Komponenten. Julia Görges, Dominice Ripoll und Andrea Petkovic sind ebenfalls zu nennen und Justine Ozga. Das sage ich nicht etwa, weil ich hier in Westfalen zu Gast bin, sondern weil mich die disziplinierte Einstellung Justines überzeugt. Alles harte Arbeit, das wird sich irgendwann ganz sicher auszahlen.

Wenn man sich die Leistungskader des DTB anschaut, dann vermisst man einen Namen: Kristina Barrois. Weshalb ist die Saarländerin nicht im Kader des Deutschen Tennis Bundes, obwohl sie doch 2005 immerhin die erfolgreichste Tennisspielerin der europäischen ITF-Tour war?
Barbara Rittner: Diese Frage ist recht einfach zu beantworten: Weil Kristina in keinen unserer Kader passt! In den A-Kader kommen die Fed Cup-Spielerinnen, dazu gehört Kristina noch nicht, in den B-Kader kommen Spielerinnen bis zu einem Alter von 23 Jahren, Kristina ist 24. In den C-Kader kommen nur Jugendliche. Bei Kristina muss man mal abwarten, wie sie sich nun weiter entwickelt. Sie hat die Top-170 geknackt, nun wird die Luft dünner. Aber sie macht das prima, ihre Art zu spielen gefällt mir.

Zurück zum bevorstehenden Match gegen die USA: Wie sehen die letzten Wochen der Vorbereitung aus? Gibt es weitere Lehrgänge? Wann ziehst Du Dein Team endgültig zusammen?
Barbara Rittner: Ich werde in Kürze nach Key Biscane fliegen, dort alle in Frage kommenden Spielerinnen treffen, mit ihnen reden und trainieren. Im Moment sprechen wir von folgendem Aufgebot: Anna-Lena Grönefeld, Julia Schruff, Martina Müller und Sandra Kloesel. Endgültig ist aber noch nichts, da kann noch viel passieren. Am 18. April werden wir dann in Ettenheim direkt vor Ort das Team zusammenziehen.

Mit welcher Aufstellung der Amerikanerinnen rechnest Du? Wird das idyllische Ettlingen eine Lindsay Davenport oder die Williams-Schwestern begrüßen können?
Barbara Rittner: Ich glaube wie gesagt nicht, dass die Amerikanerinnen mit allen verfügbaren Kräften nach Ettenheim kommen werden. Aber ganz gleich, wer immer auch kommt, auf Sand haben wir gar keine so schlechten Karten. Ich sehe der Partie gegen die USA sehr optimistisch entgegen. Wenn alle Voraussetzungen geschaffen sind und auch das notwendige Quäntchen Glück auf unserer Seite ist, dann kann einiges gehen.

Gibt es schon Informationen über den bisherigen Kartenabsatz in Ettlingen? Spielt Ihr vor ausverkauftem Haus?
Barbara Rittner: Ich denke schon, dass die Anlage in Ettenheim ausverkauft sein wird. Wir haben dort bereits vor drei Jahren gegen die Slowakei gespielt, da war die Stimmung exzellent.

Wie stehst Du zu dem Austragungsort „Ettenheim“ als solches? Die Herren sind vom kleinen Aachen (2.500 Zuschauer) erfolgreich ins große Gerry Weber Stadion nach HalleWestfalen gezogen und haben dort vor über 10.000 Fans gespielt. Wäre für Euch nicht eine große Metropole eine echte Alternative gewesen?
Barbara Rittner: Ja und Nein. Zum einen wissen wir, was wir in Ettenheim für Super-Fans haben, die Stimmung wird im „kleinen Kreis“ top sein und unsere Mannschaft motivieren. Andererseits wären Berlin, Düsseldorf oder Halle schon mehr als reizvoll gewesen. Du spielst in der World Group, kriegst die USA als Gegner zugelost und hast ein Heimspiel. Tennisherz, was willst Du mehr? Da hätte ich echte Möglichkeiten und Chancen gesehen. Aber nun denn, wir freuen uns auf Ettenheim!

Barbara, Dir und Deinem Team alles Gute für die Erstrundenbegegnung gegen die USA am 22. und 23. April! Das wird ein hartes Stück Arbeit. Vielleicht gelingt Euch ja der große Coup!
Barbara Rittner: Danke Dir! Wir werden alles geben!
aus: http://www.tennisredaktion.de/1/include.php?path=content/news.php&contentid=3208&type=2
 
#2 ·
Mehr aus Kamen:

Kamen - Hoher Besuch in der vergangenen Woche im Landesleistungs- und Schulungszentrum des Westfälischen Tennis-Verbandes (WTV) in Kamen, denn die deutsche Fed Cup-Teamchefin Barbara Rittner hatte einige Nachwuchsspielerinnen des Deutschen Tennis Bundes (DTB) zu einem Lehrgang zusammengezogen. Unterstützt wurde sie dabei von der Diplom-Tennislehrerin Ute Strakerjahn und Ziel war es, die jungen Talente auf eine mögliche Profikarriere vorzubereiten. Fünf Tage lang hatte das Duo Rittner/Strakerjahn mit Julia Görges (THC Ahrensburg), Laura Siegemund (TC Rüppurr Karlsruhe), Sabrina Allaut (Grün-Weiss Aachen) und Nathalie Fehse (TGA Henstedt-Ulzburg) vier der derzeit leistungsstärksten Nachwuchsspielerinnen unter ihre Fittiche. Auf Grund einer Erkrankung musste das westfälische Aushängeschild Justine Ozga (THC im VfL Bochum) absagen und einige weitere Spielerinnen wie unter anderem Dominice Ripoll (Blau-Weiß Ludwigshafen) war noch bei einem ITF-Jugendturnier im Einsatz.


DTB-Nachwuchs-Lehrgang im Landesleistungs- und Schulungszentrum des Westfälischen Tennis-Verbandes in Kamen

Die ehemalige Leverkusener Weltklassespielerin Barbara Rittner zeigte sich mit dem Lehrgang auf westfälischen Boden zufrieden: "Ziel dieser Lehrgänge ist es, die talentiertesten Nachwuchs-Spielerinnen auf eine eventuelle Profikarriere vorzubereiten. Wir machen das ja nun schon seit einiger Zeit, eigentlich immer auch mit ein und denselben Leuten. Es handelt sich hierbei um etwa zehn Nachwuchsspielerinnen, die allesamt das Potential für eine Profikarriere haben. Sie müssen nun hart und diszipliniert darauf hin arbeiten. Eine Überfliegerin ist allerdings nicht darunter, wir sehen eher eine gewisse Ausgeglichenheit im Leistungsniveau. Der Veranstaltungsort Kamen ist ein Glücksgriff. Die Bedingungen im Landesleistungszentrum des Westfälischen Tennis-Verbandes sowie in der Sportschule Kaiserau, wo wir übernachtet haben, sind nahezu ideal. Auch mit dem westfälischen Trainerteam hier vor Ort ist die Kooperation gut. Zumal mit Jens Wöhrmann ja auch der Cheftrainer des Westfälischen Tennis-Verbandes, der zudem für unsere aktuellen Fed Cup-Spielerinnen als Sparringspartner fungiert, ebenso dabei ist. Das passt schon alles", so Rittners westfälische Lehrgangsbilanz.
Wo ist die deutsche Elite? ;D

Kerber, Petkovic, Malek?!? Und warum macht Lisicki eigentlich nie mit? :(
 
#5 ·
Paule22 said:
Mehr aus Kamen:



Wo ist die deutsche Elite? ;D

Kerber, Petkovic, Malek?!? Und warum macht Lisicki eigentlich nie mit? :(
Tja, was die deutsche Elite nennen. :rolleyes:
Wann war denn dieser Lehrgang? Und für welche Jahrgänge gedacht?
Normalerweise müssten wirklich Petkovic, Malek und Lisicki mitmachen.
Ich nehme an Sabine war in USA. Sie hat Miami und Luxilon Cup gespielt. ;) Was mit Malek und Petkovic ist weiß ich nicht.
 
#6 ·
Ist zwar ein alter Thread, aber vielleicht ganz interessant im Zuge der aktuellen FC-Diskussionen. So schlecht lag sie mit Petkovic und Görges ja nicht. ;) Lisicki ist wahrscheinlich damals v.a. in den USA gewesen.

Das Spiel war dann natürlich ein ziemliches Debakel...

Und was ich an dem Thread auch merke: ich vermisse Sandra Kloesel. :sad:
 
#9 ·
Ein interessanter Satz zum damaligen Nachwuchs: "Eine Überfliegerin ist allerdings nicht darunter, wir sehen eine gewisse Ausgeglichenheit im Leistungsniveau." Kerber hat sie dann als Erste genannt.
 
#10 ·
Ist nicht sonderlich überraschend, da Petkovic und Kerber beide v.a. durch harte Arbeit nach oben gekommen sind (wobei Kerber mehr Talent sicherlich hat). Lisicki und Barthel sind eben v.a. unglaublich begabte Tennistalente, denen es bislang an anderen Dingen mangelt. Barthel war damals unauffällig und Lisicki eben in den USA.
 
#13 ·
Barthel kannte ich 2006 auch noch nicht. Ich habe ihren Namen das erste Mal wirklich wahrgenommen als ich öfter auf der Homepage von Wahlstedt war, da Görges dort spielte und mir auffiel, dass da eine Spielerin im Team war, die sogar noch ein ganzes Stück größer war als die eigentlich schon recht große Görges. Dann habe ich entdeckt, dass sie bereits eine Homepage hatte und von dort habe ich ihre Entwicklung auch beobachtet.
 
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